Wohnverwandtschaften

Bogdan, Isabel

Roman
Kiepenheuer & Witsch, 2024
ISBN: 978-3-462-00419-9
269 S.


Darum geht's:
Als sich Constanze von ihrem Freund trennt, sucht sie eine neue Bleibe. Es ergibt sich eine vorläufige Übergangslösung und  sie zieht in ein WG-Zimmer zu Murat, Jörg und Anke. Jörg ist Witwer und der Eigentümer der Wohnung. Er bereitet sich auf eine längere Reise mit dem VW-Bus nach Georgien vor. Anke ist Schauspielerin und wartet vergeblich auf eine neue Gelegenheit, ihren Beruf auszuüben. Die Schauspielbranche will offenbar nur sehr junge Gesichter vor der Kamera haben und Anke muss lernen, damit umzugehen, nicht mehr für Filme gebucht zu werden. Bislang war sie die einzige Frau in der WG. Murat ist ein lebensfroher und warmherziger Mensch, der gerne für alle kocht und in seinem Garten alle möglichen Früchte und Gemüsesorten anbaut. Er versteht es, das Leben zu genießen und sich nicht allzu viele Sorgen zu machen. Zu diesen drei Charakteren gesellt sich nun noch Constanze. Sie ist Zahnärztin und muss sich in ihrem Dasein als Single nun erst einmal neu orientieren. Dafür eignet sich dieser Zwischenstopp in der WG hervorragend. 

Nach und nach entwickeln sich diese zufällig zusammengeworfenen Personen, die nicht nur in unterschiedlichem Alter sind, sondern auch an sehr verschiedenen Stationen in ihrem Leben stehen, zu einer ganz besonderen Gemeinschaft. Sie wachsen sich gegenseitig mit all ihren Eigenheiten ans Herz und so fühlt es sich in der WG viel mehr nach Zuhause und auch nach Familie an, als das alle für möglich gehalten hätten. Naja...alle, außer Murat. Und als es einem der vier plötzlich schlechter geht, könnte der Zusammenhalt nicht größer sein. 

"Jetzt habe ich in meiner eigenen Wohnung nur noch ein einziges Zimmer für mich, wie Brigitte das wohl fände? Eigentlich war es ja ihre Wohnung. Eine WG wäre nichts für sie gewesen. Sie hat immer gern jede Menge Besuch gehabt, aber dann auch wieder ihre Ruhe gebraucht. Okay, das Wohnzimmer gibt es auch noch, aber da ist man selten allein. Ich will ja auch gar nicht allein sein." (S. 17)

So geht's mir dabei: Oh wie sind mir diese vier Menschen während der Lektüre ans Herz gewachsen. Ich wollte wirklich nicht, dass das Buch zu Ende ist. Isabel Bogdan hat einen wundervoll ruhigen Schreibstil und beherrscht es perfekt, Blicke in den Gedankenkreislauf einer Person zu werfen. So schreibt sie die Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven: Teilweise aus Sicht der einzelnen Protagonist:innen, hier lernen wir alle mit ihren Gedanken, Ängsten und Sorgen kennen, und teils kommen mehrere Personen zu Wort. Diese Passagen lesen sich beinahe wie ein Dialog eines Theaterstücks oder Films. 

Für mich wurden Anke, Constanze, Jörg und Murat dadurch sehr nahbar. Ich konnte so gut nachempfinden, wie es ihnen allen in den jeweiligen Situationen ergangen ist. Außerdem schafft es die Autorin, die Verbindung, die sich untereinander entwickelt, auch für uns Lesende spürbar zu machen. Ich will nicht spoilern, darum an dieser Stelle nur die Andeutung: Wie Bogdan es sprachlich umsetzt, als es einem WG-Mitglied nicht mehr gut geht, fand ich grandios und das ging mir richtig unter die Haut. 

Mich hat der Roman sehr berührt und ich war so gerne dabei, als aus dieser Wohngemeinschaft eine Familie wurde. 

Geht's kurz und knapp? Eine charmante Geschichte darüber, wie sich die - nicht mehr ganz jungen - Mitbewohner:innen einer WG zu so etwas wie einer Familie entwickeln. 

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Ich bedanke mich herzlich beim KiWi Verlag für das Rezensionsexemplar. 

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