Mostblütenanarchie
Seba, Ramona
ISBN: 978-3-99152-094-8
175 S.
Darum geht's: Feli lebt allein auf einem sehr großen Bauernhof in einer kleinen Ortschaft im niederösterreichischen Mostviertel. Sie hat beide Elternteile verloren und sich frühzeitig für volljährig erklären lassen, um selbst über ihr Leben entscheiden zu können. Am Tag ihrer Maturaprüfung findet unweit ihrer Schule die Versammlung einer Gruppe statt, die sich die ICH-Staatler nennt. Sie hat erst vor Kurzem von diesen Personen gelesen, die eine Zugehörigkeit zum Staat Österreich ablehnen und war an jenem Abend sogar in einem Chatroom mit einer Person der Gruppe. Als sie also von der Veranstaltung erfährt, ist ihr Interesse geweckt und sie geht dorthin. Sie lernt einige Menschen kennen, die bei den ICH-Staatlern eine nicht unwesentliche Rolle spielen und gerade auf der Suche nach einer Bleibe sind, die groß genug für sie alle ist. Dort wollen sie ihr Hauptquartier für die Planung diverser Aktionen in dieser Region ansiedeln. Kurzerhand beschließt Feli, den ICH-Staatlern ihren Bauernhof als Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Sie findet die Personen gleichermaßen skurril und ulkig und freut sich sehr darauf, endlich nicht mehr ganz alleine auf dem großen Anwesen leben zu müssen. Es dauert nicht lange, da ziehen die ersten auch schon ein.
"Feli gewöhnte sich schnell an das Zusammenleben mit den Toldts. Schon bald stellte sich eine Routine zwischen ihnen ein. Sie aßen gemeinsam zu Abend und hin und wieder tranken sie am Nachmittag zusammen Tee aus Ernas japanischen Teetassen, die sie immer mit der Hand abwusch, behutsam abtrocknete und dann gleich wieder in ihre geliebte Küchenkredenz in ihrem Zimmer stellte." (S. 55)
So geht's mir dabei: Das ist ja doch eine originelle Idee für ein Buch oder nicht? Ich muss sagen, das war wirklich einmal eine ganz andere Geschichte und ich habe sie sehr gerne gelesen. Feli hatte ich von Anfang an gern und auch mit der Gruppe ihrer neuen Mitbewohner*innen konnte ich mich schnell anfreunden. Nicht mit allen gleichermaßen natürlich. Außerdem fand ich es auch nachvollziehbar, dass sie sich nach den Jahren der Einsamkeit auf diesen bunten Menschenhaufen einlässt und ihre eigentliche Besinnung, die der Staatsverweigerung, einfach nicht so ernst nimmt.
Von mir aus hätte die Geschichte durchaus noch ein wenig mehr in die Tiefe gehen können, aber das ist bei dem Thema bestimmt nicht ganz einfach.
Sprachlich finde ich das Buch ebenfalls gelungen, wenn auch an der ein oder anderen Stelle noch gendersensibler formuliert werden hätte können. Was ich mir noch gewünscht hätte, wäre ein Aufbrechen der Stereotype gewesen. DER Bürgermeister, DER Polizist, DIE Sekretärin, DIE Mütter (ausschließlich), die ihre Kinder in die Betreuung bringen und abholen usw. usw. Hier könnte so ganz nebenbei wunderbar mit Rollenklischees aufgeräumt werden, ohne dies zu thematisieren. Das würde die Geschichte für mich noch besser machen.
Ansonsten kann ich sagen, das ist das erste Selfpublishing-Buch, das ich wirklich gerne gelesen habe.
Geht's kurz und knapp? Eine Geschichte über Feli, ein junges Mädchen ohne Eltern, und eine Gruppe von Staatsverweigernden, die bei ihr einziehen. Manche nehmen ihre Gesinnung ernster, manche weniger ernst. (Fast) alle sind auf ihre eigene Art schrullig, ulkig und liebenswert.
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Ich bedanke mich herzlich bei der Autorin Ramona Seba für das Rezensionsexemplar. (Buchschmiede)
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