Bleib, solang du willst

Florian, Ilinca

Roman

Karl Rauch Verlag, 2022
ISBN: 978-3-7920-0275-9
188 Seiten


Darum geht's:
Martha und Charlotte - zwei Schwestern, die so unterschiedlich sind, wie das bei Schwestern häufig vorkommt. Während Charlotte strukturiert, verlässlich, zielstrebig ist und weiß, was sie will, ist Martha chaotisch, folgt ihrem Gefühl und weiß nicht so wirklich, wohin die Reise gehen soll. Schon gar nicht mehr, seit sie Mutter ist und als sie den Vater des Kindes verlässt, hängt sie erst einmal völlig in der Luft. Sie weiß nicht, wohin mit sich und ihrem Sohn Emil und zieht vorübergehend zu Charlotte. Charlotte freut das. Sie hat ihr Schwester gern um sich, sie liebt ihren Neffen Emil und schlüpft unweigerlich in die Rolle, der Wegweiserin. Sie übernimmt so manche Aufgabe, die Martha erledigen müsste. Einerseits weil sie helfen will. Andererseits auch, weil sie Marthas Chaos kennt, ihr Träumereien nicht ernst nimmt und sie ein wenig lenken will. Martha hat sich allerdings in den Kopf gesetzt, in Berlin als Jazzsängerin Fuß zu fassen. Sie will ihre Gesangskarriere jetzt mit Vehemenz und Ernst vorantreiben. Charlotte weiß zwar, wie talentiert ihre Schwester ist, sieht diesen Plan aber eher realitätsfern als realisierbar. 

„Ich genoss Marthas Anwesenheit in meinem Leben, in meiner Wohnung, ich liebte sie wirklich und wir hatten es oft schön zusammen. (…) Mit ihr konnte ich so albern und leicht sein, und zwar anders, als ich es je mit einer Freundin geschafft hätte. Meine Schwester war manchmal herrlich derb, zugleich aber auch sehr sensibel.“ (S. 35)

Martha hat, zur Überraschung ihrer Schwester, tatsächlich nicht vor, länger als notwendig bei ihr zu wohnen. Sie geraten immer wieder aneinander, streiten intensiv und reiben sich gegenseitig auf. Und so geht es schneller, als Charlotte lieb ist, dass ihre Schwester vor ihr steht und ihren Auszug verkündet. Das bringt die Gefühlswelt beider Schwestern ordentlich durcheinander und nun muss sich auch Charlotte erst wieder neu sortieren. Und schließlich kommt im Endeffekt doch alles ganz anders, als die beiden Schwestern es geplant hatten.

So geht’s mir dabei: Ich mag Bücher wie dieses sehr gern. Ich mag die Länge des Buches (188 Seiten). Ich mag die Sprache der Autorin. Und ich mag es, wenn mich ein Roman trifft, aufwühlt, bewegt. Dieses Buch hat mich in mehrfacher Hinsicht getroffen. 

Einerseits war es der Plot, der Spuren hinterlassen hat. Der unvorhersehbare Plottwist macht mich immer noch fassungslos. Außerdem sind mir die beiden Figuren so nahe gekommen. Ich sehe die Schwestern so gut vor mir. Ich kenne sie richtiggehend. Ilinca Florian hat sie mit ihren Worten wahrhaft lebendig werden lassen. 

Andererseits hat mir das Sprachliche gut gefallen. Die abwechselnden Kapitel, einmal aus Marthas, einmal aus Charlottes Sicht geschrieben, waren mitreißend. 

Und dann hat mich einiges auch aufgewühlt, gar geärgert. Zum Beispiel, dass Charlotte beruflich erfolgreich gezeichnet wird und dann aber eine Assistentin der unterschiedlichen Chefs (Unternehmensberater) ist. Kein Gendern nötig. In der Chefetage des Unternehmens sind nur Männer. Ich würde sehr gerne von erfolgreichen Geschäftsfrauen lesen, die nicht Assistentinnen von Männern sind, sondern ihrerseits in der Chefetage mitspielen. Das war wirklich eine Tatsache, die mich während der gesamten Lektüre gestört hat. In diese Kategorie fällt eine weitere Überlegung, die ich hier ungern preisgebe, weil ich zu viel vom Inhalt verraten würde. Falls du es aber schon gelesen hast – melde dich bei mir. Hier ist noch Redebedarf. :-D 

Geht’s kurz und knapp: Ich kann das Buch auf jeden Fall empfehlen. Am besten liest du es und meldest dich dann bei mir, damit wir darüber sprechen können. 😊


Hier kannst du das Buch direkt bei der Tyrolia bestellen. Das unterstützt den stationären Buchhandel und auch meinen Blog. Danke dafür. 

Gekauft habe ich das Buch übrigens in der tollen Buchhandlung "Laendlebuch" in Bregenz, die eine ganz wundervolle Auswahl zu bieten hat. (*Werbung / Unbezahlt. Selbstgekauft.)

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