Unterwasserflimmern
Schaller Katharina
Haymon Verlag, März 2021
ISBN: 978-3-7099-8130-6
240 S.
Darum geht's: Eine Frau um die dreißig führt seit einigen Jahren eine Beziehung. Den Namen von ihr, der Ich-Erzählerin, erfahren wir nicht. Ihr Freund, zehn Jahre älter als sie, heißt Emil. Sie hat außerdem eine Affäre mit Leo, der verheiratet ist. Und auch wenn sie mit Freund*innen ausgeht, zu viel trinkt und/oder kokst, kommt es vor, dass sie mit jemandem Sex hat. Während sie diese Freiheit braucht, ist Emil an einem ganz anderen Punkt in seinem Leben angekommen. Er möchte mit ihr in ein Haus ziehen. Geplant hat er schon sechs verschiedene Häuser für sie, ihn und ihre gemeinsamen Kinder. Auch damit will er nicht mehr länger warten. Er freut sich darauf, den nächsten Schritt zu tun und eine Familie zu gründen.
Diese Pläne bespricht er nicht sehr ausführlich mit seiner Freundin. Er sagt ihr quasi nur Bescheid. Er fragt sie zum Beispiel, ob sie darüber nachgedacht hätte, dass es Zeit wird. Nicht etwa OB es Zeit würde. OB sie es auch so empfinden würde wie er.
"Emil hat es mir vorgekaut. Vorgekaut und hingespuckt. Ich wollte es nicht hören. 'Außerdem bekommen wir nicht nur ein Kind.' Als würde dadurch alles klar. 'Wir wollen eine große Familie. Wir müssen jetzt damit anfangen. Das ist unser Plan.'" (S. 39)
Ihr Plan ist das allerdings nicht. Beim Gedanken daran wird ihr schlecht. Am liebsten würde sie fliehen. Was sie schließlich auch irgendwie tut, wenn sie mit Leo das Wochenende verbringt und für Emil nicht erreichbar ist.
Nach so einem Wochenende reicht es Emil schließlich. Genau wie ihr. Sie haut ab. Ohne großartig darüber nachzudenken, lässt sie sich in die Ferne treiben und erlebt turbulente Tage und Wochen, bis sie wieder zurückkehrt....
So geht's mir dabei: Dieser Debütroman gehört zu meinen Lese-Highlights heuer. Ich finde das Buch großartig.
Es mögen manche befremdlich finden, dass die namenlose Ich-Erzählerin eine sehr direkte Sprache benutzt, wenn es um Sex geht. Ich finde es so authentisch. Ich sehe sie so genau vor mir. Mir kommt vor, ich weiß genau, wer sie ist, wie sie denkt, in welchem Strudel aus Zweifel, Angst und Widerwillen sie sich befindet. Und es passt einfach zu ihr, wenn sie sich ficken lassen will. Genau das ist es schließlich, was sie will.
Emil hingegen will in einem Lesestuhl sitzen, sein Buch beenden, dann gemeinsam kochen und über das Häuschen im Grünen reden, das sie sich bald bauen werden. Dieser extreme Kontrast macht die verschiedenen Welten der beiden so greifbar.
Dass sie dann abhaut und einfach ins Ungewisse reist ist ebenso verständlich, wie aufregend. Die Unbedarftheit, mit der sie von einem Abenteuer ins nächste driftet, machen sie für mich noch zusätzlich zu etwas Besonderem. Und irgendwie schafft sie es meiner Meinung nach, auf diesem Trip noch mehr zu sich selbst zu finden, als sie dies ohnehin schon getan hatte. Das ist es nämlich, was ich so unglaublich gut finde: Sie bleibt sich treu. Sie lässt sich in kein Schema zwängen. Sie weiß was sie will und wo ihre Reise derzeit hingehen soll oder eben nicht. Sie ist eine starke Frau und solche braucht es unbedingt und ganz dringend in der Literatur.
Ich gratuliere der Autorin Katharina Schaller zu diesem gelungenen Debüt.
Als kleine Anmerkung noch dazu: Dass - speziell bei ihrer Reise - keine Ortsangaben dabei standen, hat mich etwas nervös gemacht. Ständig habe ich mich gefragt, wo sie jetzt umgeht: Südtirol? Italien? Kroatien?? :-D
Geht's kurz und knapp: Ein intensives und rasantes Leseerlebnis über eine Frau, die mutig genug ist, ihren eigenen Weg zu gehen.
Hier kannst du dieses Buch direkt bei der Tyrolia bestellen.
Vielen Dank an den Haymonverlag für das Leseexemplar.
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