Weihnachten am Ku'damm
Riebe, Brigitte
Roman
Wunderlich / Rowohlt Verlag, Hamburg, November 2020
ISBN: 978-3-8052-0073-8
157 S.
Darum geht's: Der bitterkalte Jahrhundertwinter 1946/47 hat Berlin fest im Griff. Der Krieg ist seit einem Jahr vorbei, britische Besatzungsmächte sorgen in der Stadt für Recht und Ordnung und die Menschen versuchen, mit den wenigen Habseligkeiten, die sie haben, durch die eisige Kälte zu kommen. Die Häuser der Stadt sind zum Großteil zerstört und nur teilweise bewohnbar. Alle haben Hunger, denn es fehlt an Lebensmitteln und allen ist permanent kalt.
Auch bei den Geschwistern der Familie Thalheim ist es nicht anders. Vor dem Krieg waren die Besitzer des bekannten Modekaufhauses Thalheim wohlhabend. Nun ist ihnen so gut wie nichts mehr geblieben. Flori, die jüngste, hätte so gern einen Christbaum. Aber alles wurde abgeholzt, um heizen zu können.
Dann findet Rike, die älteste der Schwestern, an einem Abend in der bitteren Kälte einen Jungen vor ihrem Geschäft. Halb erfroren und glühend heiß ist er. Kurzentschlossen nimmt sie ihn mit nach Hause. Trotz der spärlichen Platzverhältnisse wird dem Jungen ein Bett gerichtet und die Schwestern und die Stiefmutter versuchen, sein Fieber zu senken und ihn gesund zu pflegen. Gott sei Dank gelingt es und seine Mutter, die im Krankenhaus liegt, kann beruhigt genesen. Der Junge bleibt inzwischen bei der Familie Thalheim, die versucht, zumindest ein klein wenig Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen und ein spärliches Weihnachtsessen am Schwarzmarkt zu erstehen. Das mit dem Weihnachtsbaum wird in diesem Jahr offenbar wirklich nichts werden, so gerne sie der kleinen Flori den Wunsch auch erfüllen würden.
"Tannen oder Fichten gab es dagegen nirgendwo zu kaufen, auch nicht unter der Hand, obwohl Claire an allen Ständen danach fragte, wohl wissend, wie sehr Flori sich einen Weihnachtsbaum wünschte. Nicht einmal irgendwelche dürre Zweiglein wurden angeboten." (S.70)
So geht's mir dabei: Eine ruhige Weihnachtsgeschichte aus einer anderen Zeit. Die Verhältnisse, mit denen die Menschen dazumal klarkommen mussten, sind für uns zum Glück kaum vorstellbar. Gerade in diesem Jahr, in dem wir alle so viel zu beklagen haben über unsere Entbehrungen, lässt einen dieses Buch innehalten. Man liest, wie es in diesem Jahr nach Ende des II. Weltkrieges war und es gelingt, die eigene Situation durch andere Augen zu sehen.
Brigitte Riebe ist Historikerin und zeichnet ein atmosphärisches Bild jener Zeit. Der Detailreichtum, mit dem sie die Stadt und die Gegebenheiten beschreibt, lässt einen völlig in die Geschichte eintauchen. Man merkt, wie gut sich die Autorin auskennt und es ist nichts überzogen oder kitschig an dem Buch. Es ist einfach eine Erzählung darüber, wie es damals war.
Besonders schön finde ich die Hoffnung in dem Buch. Der feste Glaube der Schwestern und auch der restlichen Personen, dass alles wieder besser wird, dass es wieder bergauf gehen wird, macht einem auch selbst Mut.
Gerade zu Weihnachten mögen viele Geschichten, in denen es darum geht, wie es war, als die Menschen weniger hatten. In denen klar wird, dass es eine Zeit geben kann, in der alle einfach dankbar sind, dass sie einander haben. In denen Familie, Freundschaft, Menschlichkeit und Selbstlosigkeit ihren Wert zeigen. Dies ist so eine Geschichte.
Über die Thalheim-Schwestern hat die Autorin eine Trilogie geschrieben. Diese muss ich mir unbedingt ansehen. Es ist eine 50er Jahre-Trilogie über die Schwestern und ihr Kaufhaus.
Geht's kurz und knapp? Für mich war es genau das passende Buch für die Adventszeit heuer. Wer gern Weihnachts-Romane liest, die von dem Fest in einer ärmlicheren Zeit handeln, der*dem wird dieses Buch sehr gut gefallen.
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Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für dieses Rezensionsexemplar.
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