Meine Mutter, das Alter und ich
Jungwirth, Katja
Wahre Geschichten
Mit Illustrationen von Melanie Haas
Kremayr & Scheriau Verlag, Wien, Jänner 2020
Darum geht’s: Die Mutter ist erkrankt und wird zunehmend
pflegebedürftig. Welche Herausforderungen sich dadurch für das Umfeld der
Mutter, allen voran für die Tochter, ergeben, beschreibt Katja Jungwirth in
ihrem Roman. Tagebuchartig erzählt sie den Leserinnen und Lesern von Alltagssituationen,
die eben noch unspektakulär gemeistert wurden und plötzlich eine Hürde für alle
darstellen. Manchmal humoristisch, ganz oft berührend und durchgängig sehr
ehrlich, erfahren wir, wie sich die Tochter fühlt, wenn ihre Mutter mit Vorwürfen
um sich wirft und beteuert, wie einsam sie ist und dass kaum jemand Zeit für
sie hat. Das schlechte Gewissen meldet sich täglich bei der Tochter weil sie
scheinbar keiner der Anforderungen gerecht werden kann. Dabei versucht sie tagtäglich
den Spagat zu schaffen, zwischen der Pflege ihrer Mutter und dem Alltag, den
sie abgesehen davon bewältigen muss. Dabei geht es um ihre eigenen Kinder, um
ihren Mann, ihren Haushalt, ihre Enkelkinder und nicht zuletzt ihren Hund. Alle
wollen versorgt sein und auch sie selbst bräuchte Verschnaufpausen. Um
durchzuhalten. Denn neben allen Aufgaben, die nun plötzlich zusätzlich für sie
anfallen, weil ihre Mutter nicht mehr in der Lage ist, diese selbst zu
erfüllen, kommt noch das emotionale Chaos hinzu. Sie weiß nie, wie es ihrer
Mutter an diesem Tag geht. Davon hängt aber in großem Ausmaß ab, wie ihr
eigener Tag wird. Darüber hinaus weiß sie nie, welche Reaktion ihrerseits die
richtige für ihre Mutter ist. Was gestern gut getan hat, kann heute komplett
verkehrt sein. Und last but not least vermisst sie ihre Mutter, wie sie sie ein
Leben lang erlebt hat. Sie war in allen Lebenslagen ihre Ansprechpartnerin Nummer
eins und hat ihr die Richtung gewiesen. Nun haben sich die Rollen vertauscht
und sie soll ihrer Mutter sagen, wie es weiter geht. Wie sie trotz allem,
diesen neuen Alltag meistert und einen Weg findet, gemeinsam mit ihrer Familie und
ihrem Bruder, für die Mutter da zu sein und sie zu pflegen, davon handelt
dieses Buch.
„In deinem Alter hab‘ ich vor dem Büro noch Tennis gespielt“, kommentiert sie mein Schnaufen. Das sind wieder so Momente, in denen ich zweifle und auch verzweifle.
Alles hinschmeißen und gehen? Aufstehen, Krönchen richten und lächeln, wie es in einem Spruch heißt. Nur, dass ich nicht diejenige mit dem Krönchen bin. (S. 169)
So geht’s mir dabei: Katja Jungwirth erzählt in kurzen
Szenen von ihrem Leben mit ihrer kranken Mutter. Das macht das Buch einerseits
sehr flott und vermeidet andererseits, dass es zu emotional wird. Die Szenen
berühren einen oft, doch bevor es zu sehr unter die Haut geht, erfolgt ein
Szenenwechsel. Dennoch macht man sich während und auch nach der Lektüre natürlich
Gedanken über das Älterwerden. Darüber, wie die Gesellschaft mit älteren
Menschen umgeht. Die Mutter in dem Buch mag nicht mit dem Rollator in den Park
gehen, weil sie sich so geniert. Das ist einfach nur traurig. Dank Büchern wie
diesem, bekommt man einen Denkanstoß zu solchen Themen.
Außerdem findet man sich in einigen Situationen selbst
wieder. Auch wenn man keine pflegebedürftigen Eltern hat. Katja Jungwirth
beschreibt ihre eigenen Gefühle und Gedanken so ehrlich und authentisch, dass
man sich immer wieder ertappt fühlt, weil es einem ähnlich geht oder ähnlich
gehen würde. Darüber hinaus wird einmal mehr veranschaulicht, wozu
Menschen fähig sind, woran sie sich gewöhnen können, welche Situationen der
Mensch händeln kann. Das fasziniert mich immer wieder.
Geht’s kurz und knapp? Ein sehr kurzweiliger und
aufrichtiger Roman über das Älterwerden und über den Alltag mit einem pflegebedürftigen
Elternteil. Ein Thema, das viele betrifft.
Ein Buch, das vielen gefallen wird.
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Tyrolia
(Versandkostenfreie Lieferung innerhalb von Österreich)
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