Laufen

Bogdan, Isabel


Roman

Kiepenheuer & Witsch Verlag, September 2019
199 Seiten
ISBN: 978-3-462-05349-4


Darum geht's: Eine Frau beginnt mit dem Laufen. Wieder. Vor einigen Jahren ist sie regelmäßig gelaufen, hat aber aus Gründen, die sie nicht mehr weiß, damit aufgehört. Nun will sie wieder damit anfangen und es fällt ihr richtig schwer. Denn die Beweggründe sind keine leichten. Ein Jahr ist es her, dass sich ihr Lebensgefährte das Leben genommen hat. Ein Jahr ist vergangen und alles fühlt sich nach wie vor wie betäubt an. Alles in ihrem Inneren. Also will sie sich körperlich spüren. Die Schmerzen, die sie zu Beginn spürt, der Muskelkater, den sie nach dem Laufen hat, beweisen ihr, dass sie noch mehr fühlen kann, als Trauer und den damit verbundenen Schmerz, der sie im Alltag so sehr erdrückt.
"Da sind meine Eltern deutlich besser, sie sind nur hilflos und wissen nicht, was sie sagen sollen, aber ich weiß ja selbst nicht, was sie sagen könnten, sie haben mich besucht und die neue Wohnung gebührend bewundert und fanden alles hübsch und praktisch und haben alles schöngeredet, immer das Positive herausgestellt, aber was sollen sie sonst tun, sie können ja nicht gut sagen, schöner Mist, dass du jetzt wieder allein bist." (S.29)

Auch wenn es ein Kraftakt ist, die Laufschuhe zu schnüren und loszustarten, macht sie es ab sofort regelmäßig. Und während sie läuft, schweifen ihre Gedanken. Zu den Ereignissen im vergangen Jahr. Zu ihrer Beziehung und den verschiedenen Phasen, die sie durchlebt hat. Zu ihren Selbstvorwürfen und was ihre Therapeutin und ihre beste Freundin dazu sagen. Unterbrochen aber auch immer wieder von Dingen, die ihr direkt auf der Laufstrecke begegnen oder passieren.
Je mehr Wochen vergehen, um so kritischer wird ihr Denken und langsam richtet sich dieses auch in die Zukunft.
"...und jetzt ist Schluss mit Komplimenten, jetzt bekomme ich keine mehr, oder wenn, dann sind es zweifelhafte oder welche von Übriggebliebenen, aber keine mehr, die ich ernst nehme, die mich freuen, dabei würde ich mich freuen und sie annehmen. Aber jetzt habe ich ein rotes Kleid, und das ist ein Anfang." (S. 162)
So geht's mir dabei: Ich musste dieses Buch unbedingt lesen und hatte gleichzeitig ein wenig Angst vor den Emotionen, die dabei aufkommen. Ich musste zwar tatsächlich einmal weinen, allerdings an einer Stelle, die mir unerklärlich ist. Aber gut. Und abgesehen davon, war es emotional sehr gut aushaltbar. 😊

Isabel Bogdan gelingt es, aus einem so bedrückenden Thema mit einer richtig traurigen Protagonistin, einen Roman zu erschaffen, der einem zwar unter die Haut geht, der aber nicht von Emotionen und Gefühlen erdrückt wird. Dadurch, dass man die Hauptfigur immer auf ihren Laufrunden begleitet, nimmt Bogdan dem Thema sein schweres Gewicht. Zumindest habe ich es so empfunden.

Die Protagonistin ist mitunter verzweifelt, sarkastisch, verwundert, verärgert, zornig, hoffnungsvoll und teilweise sogar lustig. Einige Gedanken und Fragestellungen wiederholen sich immer wieder. Was die Geschichte und die Figuren unglaublich echt macht. Weil sie das ja wirklich tun. Die Gedanken kreisen ja um immer dieselben Fragen und das hört auch nicht auf. Und ich glaube, auf keine andere Art und Weise ließe sich das derart grandios darstellen.

Im Endeffekt ist dieses Buch ein positives und opimistisches, wenn auch mit einer traurigen Geschichte am Rücken.

Geht's kurz und knapp? Absolute Leseempfehlung!

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Tyrolia
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