Das Licht ist hier viel heller - #gewengert

Fallwickl, Mareike



Darum geht's: Maximilian Wenger, seine Tochter Zoey und eine Marlen sind die Stimmen, die in diesem Roman zu Wort kommen. Wenger ist ein Schriftsteller, dem die Worte ausgegangen sind. Seine Frau hat sich von ihm getrennt, seine erfolgreiche Zeit als gefeierter Autor scheint vorüber zu sein und seine Kinder interessieren sich nicht für ihn. Er zieht sich in eine kleine Wohnung zurück und ertrinkt in seinem Selbstmitleid. Er lässt sich gehen, so gut er kann.
"Wenger drückt den Zigarettenstummel in den übervollen Aschenbecher. Er wird noch eine Valium nehmen und sich wieder ins Bett legen. Er weiß nicht, wohin er sonst soll, draußen scheint die Sonne so grausig, und es gibt niemanden, mit dem er sich treffen könnte, ohne pikiert-neugierige Blicke aushalten zu müssen und Fragen, die er nicht beantworten will, nein, da bleibt er lieber drin, da bleibt er lieber allein. Das Bett ist ein guter Ort, da kann ihm nicht viel passieren, da passiert nämlich sowieso nichts." S. 54
Das einzige, was sein Interesse weckt, sind Briefe, die ihn erreichen. Briefe von Marlen. Sie sind nicht an ihn adressiert, sie gehören eigentlich dem Vormieter dieser Wohnung, in der er nun haust. Das hindert ihn aber nicht daran, sie trotzdem zu lesen. Und Marlens Worte bewirken etwas in ihm. Wenn er es zu Beginn auch noch nicht ganz zuordnen kann.
Seine Tochter Zoey liest die Briefe auch. Durch Zufall hat sie einen davon bei ihrem Dad gesehen und die Worte haben auch sie tief berührt und lassen sie nicht mehr los. Dabei weiß sie zu Beginn noch gar nicht, wie sehr Marlen ihr aus dem Herzen spricht. Und Wenger weiß nicht, dass Marlens Worte seine Lösung sind. Und Marlen weiß auch etwas noch nicht, wird es aber vielleicht erfahren.

So geht's mir dabei: Ich habe mich so sehr gefreut auf das zweite Buch von Mareike Fallwickl. Ich liebe ihre Sprache. Sie ist manchmal so österreichisch aber nicht auf so eine übertriebene, gekünstelte Art und Weise. Und sie ist so ehrlich. Sie schreibt, was andere sich nicht trauen. Sie nimmt sich kein Blatt vor ihr Zuckergoscherl. Manchmal ist es obszön, manches will man nicht lesen oder wissen, manchmal ist sie so herrlich zynisch, dass ich lauthals lachen muss und dann wieder so überraschend einfühlsam, dass man nicht glauben kann, dass dies aus der Feder von ein und derselben Autorin stammt.

Der Roman bringt 3 Hauptdarsteller in schwierigen Lebensphasen ans Licht: Einen Mann, bei dem der Erfolg ausbleibt, was sich auch auf alle anderen Lebensbereiche auswirkt. Eine Frau, die zutiefst verletzt und erschüttert mit gebrochenem Herzen aus ihrer Heimat flieht. Und eine Jugendliche, auf dem Weg zur Selbstfindung, konfrontiert mit erstem Liebeskummer und männlicher Dominanz. Die Autorin spielt außerdem auch in ihren Romanen mit den sozialen Medien, beschreibt Tinder, lässt Hashtags einfließen und veranschaulicht die Vorgehensweisen im Literaturbetrieb. Dadurch sind ihre Romane wahre Beweisdokumente des derzeitigen Zeitgeistes.

Und danke für Samuel.

Geht's kurz und knapp? Lernt Wenger, Zoey und Marlen kennen. Lasst euch auf ihre Geschichten ein, vielleicht ändern sich durch solche Bücher die Machtpositionen von Mann und Frau. Ein bisschen zumindest. Bei ein paar. #diehoffnungstirbtzuletzt

Vielen Dank an die Frankfurter Verlagsanstalt für das Rezensionsexemplar.

Frankfurter Verlagsanstalt, 2019
ISBN: 978-3-627-00264-0


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